Der kleine Kirchturm erzählt: Gründonnerstag

Hallo, liebe Kinder, euer kleiner Kirchturm ist wieder da! Und natürlich auch die Taube Leo. Leo hat mich so lange bequatscht, dass ich ihn wieder mitgebracht habe.

„Lieber Kirchturm, du hast mir so viel erzählt von Jesus. Mein Herz ist ganz offen, wie das Stadttor von Jerusalem am Palmsonntag. Ich muss unbedingt wissen, was der große Plan war, den Jesus sich für seine Freunde ausgedacht hatte“, rief Leo ganz aufgeregt.

‚Leo, Leo, nicht so schnell. Wir brauchen erstmal ein ruhiges Plätzchen, denn was ich dir jetzt erzähle, ist etwas ganz Wichtiges. Komm, wir gehen in den Pfarrgarten und du setzt dich neben mich. – Leo, wie geht es Dir so zwei Tage vor Heiligabend?‘

Leo saß still da und plötzlich musste er laut lachen. „He, Kirchturm, es ist doch nicht Weihnachten. Wir haben bald Ostern!“ rief er. ‚Ist schon richtig‘, sagte ich, ‚aber nochmal, wie fühlst du dich so kurz vor Heiligabend?‘

„Also“, sagte Leo. „Ich bin dann ganz aufgeregt, denn es steht ein sehr schönes Fest vor der Tür. Es wird eingekauft, gekocht, gebacken, Gäste werden eingeladen, Geschenke verpackt, das Haus wird geputzt und dann am Heiligen Abend kommen viele Menschen zur Kirche.“

‚Siehst du, und so war das in Jerusalem auch. Die Menschen feierten dort das Passahfest und sie waren genauso aufgeregt wie du vor Weihnachten. Das Passahfest wird jedes Jahr in Israel gefeiert. Die Juden denken an die große Tat Gottes. Gott hatte sie nämlich vor langer Zeit aus der Sklaverei aus Ägypten befreit. Jesus wollte auch mit seinen 12 besten Freunden das Passahfest in Jerusalem feiern. Johannes und Petrus bekamen den Auftrag, alles vorzubereiten. Endlich war es so weit, Jesus und seine Freunde saßen in dem großen Raum zusammen und feierten das Passahfest.‘

„Gab es da wie bei uns zu Weihnachten eine Gans, Knödel und Rotkraut oder Kartoffelsalat und Würstchen?“, fragte Leo.

‚Nein, am Passahfest dachten Jesus und seine Freunde an den Auszug ihres Volkes aus Ägypten vor vielen Jahren. Die Juden mussten damals schnell das Land verlassen. Mose führte sie an. So konnten sie nicht den Sauerteig aufgehen lassen und backten unterwegs das Brot ohne den Sauerteig, nämlich das ungesäuerte Brot. Das aß man jetzt zum Passahfest auch, um sich an den Auszug zu erinnern. Dann stand eine Schale mit Salzwasser auf dem Tisch. Sie erinnert an die vielen Tränen der Israeliten, die sie in der Gefangenschaft in Ägypten vergossen hatten. Dazu gab es noch Bitterkräuter, die an die schweren, bitteren Zeiten erinnerten. Aber es war eine fröhliche Stimmung bei dieser Feier, denn es war wie jedes Jahr ein besonderes Fest der Gemeinde und der Familien. Jesus sagte seinen Freunden, dass er sich richtig freut, mit ihnen das Passahfest zu feiern, bevor er sterben muss. Die Freunde Jesu wurden da natürlich sehr traurig. Musste Jesus jetzt vom Leiden und Sterben reden? Es war doch so ein schönes Fest. Sie wollten lieber von den großen Taten Gottes reden. Er hatte das Volk Israel aus der Gefangenschaft befreit. – Während des Festes wurden Becher mit Wein herumgereicht und jeder trank daraus. Und man aß das ungesäuerte Brot.

Nach dem Essen machte Jesus etwas ganz Neues. Er nahm das Brot, segnete es und sprach: „Nehmt und esst, das ist mein Leib.“ Und er gab jedem ein Stück von dem Brot. Die Freunde spürten, in diesem Stück Brot steckt alles drin, das ganze Leben, die ganze Liebe von Jesus. Esse ich es, ist Jesus bei mir. Ich werde in seine Gemeinschaft aufgenommen. Es ist nicht mehr nur Brot, sondern Jesus selber, der darin zu mir kommt. Dann nahm Jesus einen Sederbecher mit Wein, segnete ihn und sagte: „Nehmt und trinkt, das ist mein Blut, das für die Menschen vergossen wird.“ Die Freunde tranken aus dem Kelch und waren ganz still; sie dachten darüber nach, was Jesus gesagt hatte. Jesus wusste, dass am nächsten Tag sein Leben zerbrochen wird, dass er sterben muss – daran denken wir am Karfreitag. Brot und Wein, das ist Jesus mit seinem ganzen Leben.‘

„Kleiner Kirchturm, das ist ganz schön schwer zu verstehen“, sagte Leo.

‚Leo, schau mal, Ich habe hier eine Blume.‘

„Das ist aber eine schöne Rose“, sagte Leo.

‚Ich möchte sie dir schenken, weil mir deine Freundschaft viel wert ist. Ich freue mich, dass du bei mir im Turm lebst und mir immer zuhörst, mit mir lachst und manchmal auch mit mir weinst. Danke, lieber Leo!‘

Leo war ganz gerührt und sagte: „Ich werde die Rose hegen und pflegen. Wenn ich sie anschaue, denke ich an dich, lieber Kirchturm. Sie ist nicht einfach nur eine Rose für mich, sondern sie bedeutet mir viel mehr: Ich spüre, dass du da bist, wenn ich diese Rose anschaue.“

‚Siehst du, Leo, du hast es verstanden. Diese Rose ist nicht nur eine Rose, sondern es steckt meine ganze Freundschaft zu dir drin. Jesus legte sein ganzes Leben, seine ganze Person in das Brot und den Wein hinein. „Feiert dieses Abendmahl immer wieder zu meinem Gedächtnis, feiert es und denkt daran, was ich für euch getan habe, und dann bin ich jedes Mal wirklich bei euch“, sagte Jesus seinen Freunden am Gründonnerstag beim Letzten Abendmahl.‘

Die Taube Leo und der kleine Kirchturm saßen noch lange im Pfarrgarten und dachten über Brot und Wein, Passahfest und Letztes Abendmahl nach – und über die Rose.